Wie spreche ich mit meinem Kind über den Krieg?
Der Krieg in der Ukraine beschäftigt alle. Auch unsere Kinder. Wie fasst man das Unfassbare in Worte? Wie sprechen Eltern am besten mit ihren Kindern über den Krieg? Was können sie tun, um ihnen Sicherheit zu vermitteln und Halt zu geben? Das erklärt Claudia Hinteregger-Thoma, Leiterin der Auffanggruppe sowie der Privaten Krisenpflege des Vorarlberger Kinderdorfs.
Russland greift die Ukraine an. In Europa herrscht Krieg. Die Nachrichten sind verbunden mit verstörenden Meldungen und Bildern. Kinder haben wache Sensoren für die Sorgen der Eltern, lange bevor diese ans Licht kommen. Sie bekommen mit, dass etwas passiert, das mit Angst verbunden ist. Auch wenn Eltern ihre Ängste für sich behalten, lasten sie schwer.
Die richtige Dosis an Information
Wenn mit Kindern über den Krieg gesprochen wird, muss zunächst die jeweilige Altergruppe unterschieden werden. Was jedoch für Kinder jeden Alters gilt, sei stets dafür zu sorgen, dass diese nicht allein mit solchen Themen konfrontiert sind. Es brauche eine gute Dosis an Information, möglichst aus seriösen Medien, erklärt Claudia Hinteregger-Thoma.
Fragen über den Krieg beantworten
Wichtig sei, Kindern Raum für Fragen einzuräumen und hellhörig auf diese einzugehen. Auf Fragen über den Krieg sollten Eltern aufmerksam und mit Zeit und Zuwendung reagieren. Beantworten sollten sie diese am besten unter dem Friedensaspekt. Im Fokus: Hoffnung und Zuversicht, dass Frieden gelingen kann. Das vermittle Sicherheit. Im Kontakt sollte man achtsam sein und hellhörig werden, wenn sich das Kind zurückzieht.
Nicht tatenlos bleiben
„Wichtig erscheint mir auch, dass Kinder wissen, dass bei uns kein Krieg herrscht und niemand in der Familie kämpfen muss. Eltern sollten eher den Blick darauf lenken, dass wir alle helfen können - mit Spenden, guten Gedanken und Friedensgebeten. Das ist eine Möglichkeit, die Kindern zeigt: Wir müssen nicht tatenlos bleiben", so Hinteregger-Thoma. Dabei könne man den Kindern zeigen, wie viele Aktionen zur Hilfe es im Moment gibt.
Bilder gehen tiefer
Vorsicht geboten ist bei Bildern: "Bilder wie jene von zerstörten Städten oder weinenden Menschen prägen sich in uns ganz anders ein, als ein Bericht, von dem wir 'nur' hören. Sie gehen tiefer."
Bei jüngeren Kindern sei es deshalb besser, den Nachrichtenkonsum zu reduzieren oder Nachrichten erst anzusehen, wenn die Kinder im Bett sind. Handelt es sich jedoch um ältere Kinder, ist es ratsam, gemeinsam mit ihnen zu schauen. In diesem Zusammenhang essentiell: Die Kinder anschließend nicht gleich ins Bett zu schicken, sondern nachzuspüren. Stehen offene Fragen oder Ängste im Raum?
Was Halt gibt
Kindern Tag für Tag eine freudvolle und positive Nachricht mitzugeben, schafft Balance und lässt sie nicht nur auf das eine Thema fokussieren. Den gewohnten Rhythmus und die verlässliche Struktur beizubehalten, gebe Halt - gerade in Zeiten wie diesen.
Kindern Trost spenden
Tröstend wirkt, Kindern Mitgefühl zu vermitteln und ihnen "zu zeigen, dass es uns nicht egal ist, wie es den Menschen in der Ukraine oder auf der Flucht geht. Wir können uns an Hilfsaktionen beteiligen, unseren Kindern zeigen, dass jeder kleine Beitrag für ein gutes Miteinander Früchte des Friedens trägt. Das sollen und müssen sie durch unser Vorbild erleben. Wie man Auseinandersetzungen friedlich meistert und gewaltfrei streitet, dafür brauchen Kinder ein lebendes Beispiel."
Zuversicht vermitteln
Genau das müsse unsere Botschaft an unsere Kinder sein, so Claudia Hinteregger-Thoma abschließend: "Zusammenleben gelingt nur, wenn alle aufeinander achten. Wenn jede:r sagen darf, was er oder sie denkt und jede:r so wie er/sie ist, akzeptiert und wertgeschätzt wird." Es gelte zuversichtlich zu vermitteln, dass Erwachsene versuchen, mit Gesprächen und Zusammenhalt aus ganz Europa, den Frieden schnell wiederherzustellen. Und, dass Frieden gelingen kann.
Claudia Hinteregger-Thoma ist Sozialpädagogin und Psychotherapeutin. Sie leitet die Auffanggruppe als auch die Private Krisenpflege des Vorarlberger Kinderdorfs.