Fabian Mairhofer: „Ein Raum, der Grenzen überwindet und Verstehen möglich macht“
Kannst du mir mehr über deinen persönlichen Zugang zu diesem Projekt erzählen?
Fabian Mairhofer: Mein Zugang ist mannigfaltig. Zum einen bin ich seit vielen Jahren leidenschaftlicher Kletterer und begeistert in der Kletterszene dabei. Das ist mein privater, persönlicher Zugang. Mein fachlicher Zugang als Soziologe ist, einen Raum der Begegnung und des Verstehens zu schaffen. Diese beiden Lebenswelten in diesem Projekt vereinbaren zu können, ist sehr einzigartig
Was motiviert dich, Teil des Kletterturm-Teams zu sein und warum braucht es genau dich, um dieses Projekt zu verwirklichen?
Fabian Mairhofer: Mir geht es darum, dass ein Raum der Begegnung und Bewegung entsteht – rund um den Kletterturm als gemeinsamer Identifikationspunkt in der Mitte. Klettern ist ein Sport, den jede:r ausführen kann und der im Grunde gemeinschaftsorientiert ist.
Im Teilen der gemeinsamen Erfahrung manifestiert sich Verständnis füreinander, Begegnung ist Leben und der Kletterturm per se ein Begegnungsraum, wo man schöne und außergewöhnliche Erlebnisse teilt – unabhängig davon, in welcher Familie man aufwächst, welchen sozioökonomischen Hintergrund man mitbringt oder welche körperlichen und mentalen Voraussetzungen. Ein Raum, der Grenzen zwischen den Milieus und unterschiedlichen Lebenswelten sprengt. Das ist der sozialtheoretische Hintergrund.
In Vorarlberg gibt es wenige solcher Orte, die nicht auf Konsum basieren und milieuübergreifende Begegnung möglich ist. Durch das Klettern entsteht eine Community, die Barrieren abbaut. Auf individueller Ebene fördert Klettern die Selbstwirksamkeit, Vertrauen in sich selbst und andere. Es macht Mut und hilft, Ängste zu überwinden.
„Klettern fördert die
Selbstwirksamkeit,
Vertrauen in sich selbst
und andere. Es macht
Mut und hilft, Ängste
zu überwinden.“
Der Perspektiventurm ist als Beteiligungsprojekt angelegt – was heißt das konkret?
Fabian Mairhofer: Sowohl die Gestaltung der Angebote als auch des Areals soll partizipativ erfolgen. Unterschiedliche Nutzergruppen werden von Anfang an als Expert:innen ihrer Lebenswelt eingebunden, um die Angebote bedürfnis- und werteorientiert planen zu können. Da geht es auch um den Aufbau von Kooperationsnetzwerken und das Ankurbeln eines Teilhabeprozesses, an dem möglichst viele mitwirken. Das wird sicher auch die Herausforderung, hier möglichst viele Kinder und Jugendliche zu erreichen.
Welche Chancen und Perspektiven kann der Kletterturm benachteiligten Kindern eröffnen?
Fabian Mairhofer: Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien haben einen eingeschränkten oder keinen Zugang zu vielen Freizeitaktivitäten. Beim „Perspektiventurm“ können sie aus ihrer Lebenswelt austreten, Freundschaften knüpfen, Vorurteile überwinden. Er hat das Potenzial, Grenzen zu sprengen und Barrieren zu überwinden.
„Der Perspektiventurm
hat das Potenzial, Grenzen
zu überwinden und
Barrieren abzubauen.“
Kinder, die körperlich beeinträchtigt sind, können über das Klettern viele positive Erfahrungen machen. Ich stelle mir vor, dass es für ein Kind, das im Rollstuhl sitzt, ein sehr erhebendes Gefühl ist, ganz ob auf dem Turm angelangt zu sein. Hier spielen Handicaps keine Rolle, hier können die Kinder sein, wie sie sind. Das geschieht abseits von einem Leistungsgedanken. Zudem ist der „Perspektiventurm“ das ganze Jahr nutzbar und bietet die Chance, draußen in der Natur zu sein.
„Hier spielen Handicaps
keine Rolle, hier können die
Kinder sein, wie sie sind.
Das geschieht abseits von
einem Leistungsgedanken.“
Wie sieht deine Vision für das Projekt aus?
Fabian Mairhofer: Dass es uns gelingt, einen lebendigen offenen Ort zu schaffen, der wie eine dritte Lebenswelt neben Familie und Schule funktioniert – eine einladende Atmosphäre, wo sich viele gerne aufhalten, wo man gerne Zeit verbringt, wo du Neues erleben und so sein kannst, wie du bist. Im besten Fall entstehen Freundschaften über Differenzierungskategorien hinweg.
„Im besten Fall
entstehen Freundschaften.“
FACTBOX „PERSPEKTIVENTURM“
Der „Perspektiventurm“ des Vorarlberger Kinderdorfs in Wolfurt steht Kindern und Jugendliche n, Vereinen, Schulen und Privatpersonen unabhängig ihrer körperlichen Voraussetzungen kostenlos zur Verfügung. Genutzt werden kann er von allen Kindern und Jugendlichen, egal ob sie sportlich sind, ob sie eine Beeinträchtigung haben, schon Klettererfahrung mitbringen oder Neuland betreten.
- Baubeginn: Oktober 2023
- Fertigstellung: Ende November
- Offizielle Eröffnung: Frühjahr 2024
- Finanzierung: „Licht ins Dunkel“ (Jubiläumsfonds)
- Kletterangebot: Outdoor-Klettern für Kinder, Familien und Gruppen in Begleitung von geschultem Personal
- Öffnungszeiten: ganzjährig
- Anmeldung: erforderlich
- Voraussetzungen: keine
- Kosten: keine
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Informationen & Anmeldung
Ob allein oder in der Gruppe, ob Sommer oder Winter: Ihre Anmeldung nehmen wir nach der Eröffnung ab Frühjahr 2024 gerne per Telefon, Mail oder Kontaktformular entgegen.
M perspektiventurm@voki.at
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