Selber denken, selber tun
Sie können Eltern zur Weißglut bringen und Kinder zum Toben: Hausaufgaben vergiften in vielen Familien das häusliche Klima. Es kann aber auch stressfrei laufen.
Wie, das erfuhr ein zahlreich erschienenes Publikum zum Auftakt der neunten Staffel „Wertvolle Kinder“ von Detlef Träbert, Leiter des Schulberatungsservice Niederkassel. Zu Beginn machte der Pädagoge einen Abstecher in eine wünschenswerte Bildungszukunft: Ganztagesschulen für alle Kinder, in denen die Übungszeiten integriert sind, seien sinnvoll, aber für die meisten Schülerinnen und Schüler in Österreich noch Zukunftsmusik. Träbert ging das Thema deshalb lösungsorientiert an und gab praktische Tipps für entspanntes Lernen.
* Hausaufgaben als Ritual
Ein fixer, aufgeräumter Arbeitsplatz (dies kann durchaus auch der Küchentisch sein), eine festgelegte Zeit und ein fester Ablauf sind wichtige Grundbedingungen für eine entspannte Hausaufgabensituation. Dabei ist es individuell unterschiedlich, ob die Hausaufgaben am besten gleich nach der Schule, nach dem Mittagessen oder erst nach einer Pause gemacht werden.
* Kleine Lernportionen
Unser Gehirn hat Kapazitätsgrenzen: Eine Verlängerung der häuslichen Übungszeit führt nicht zu einer Verbesserung der Leistung. Viel sinnvoller sind kleinere, regelmäßige Lernportionen.
* Fehler sind Helfer
Selber denken macht schlau und selber tun macht tüchtig. Fehler sind Helfer und wichtige Erfahrungen im Lernprozess: Dem Kind nicht sagen, wie’s richtig geht, sondern es ermutigen, die Aufgabe selbst zu lösen, ihm dazu Hilfe und Anregung geben. Ständige Kontrolle kann zum Machtkampf führen.
* Fortschritte loben
Interesse am Lernfortschritt der Kinder zeigen und Fortschritte loben statt Fehler kritisieren: Dabei genügt ein „toll“ oder ein anerkennender Blick.
* Für gute Luft sorgen
Dicke Luft ist konzentrationsfeindlich: Der Raum sollte gut gelüftet, hell und ruhig sein – und das Kind möglichst wenig abgelenkt. Was nicht bedeutet, dass es beim Lernen nicht Musik hören kann. Auch das ist – wie der ideale Zeitpunkt für die Hausaufgaben – individuell unterschiedlich und kann bei manchen Kindern durchaus funktionieren.
* Bewegung hilft beim Denken
Weil die Aufmerksamkeit nachlässt, sind kleine (Bewegungs)pausen wichtig. Träbert schlägt sogar Minipausen alle fünf Minuten mit kleinen Bewegungseinheiten, z. B. Finger in der verschränkten Hand kneten, vor. Auch laufen beim Vokabellernen ist durchaus förderlich. Dabei immer auch ausreichend trinken.
*Clever planen
Hausaufgabenheft führen, das Arbeitspensum einteilen, den Zeitbedarf schätzen, Zeitgrenzen setzen und dabei bedenken, dass es für ein Kind, das mit der Schule beginnt, eine Leistung ist, sich 15 Minuten auf eine Aufgabe zu konzentrieren, die es nicht sonderlich interessiert. Dies steigert sich auf ca. eine Stunde in der sechsten Schulstufe. Mit einer einfachen Aufgabe beginnen!
Hausaufgaben müssen nicht gegeben werden
Gesetzlich seien Hausaufgaben – so Träbert – eher schwammig geregelt. Sie können, müssen aber nicht gegeben werden. Sie müssen so vorbereitet sein, dass die Schüler sie ohne Hilfe erledigen können. Ihr Ausmaß ist abhängig von der Belastbarkeit der Schüler, also beispielsweise von der Länge des Unterrichts oder wie viele Hausaufgaben andere Lehrpersonen geben. Und übers Wochenende und vor Feiertagen dürften gar keine Hausübungen gegeben werden. Hausaufgaben müssen auch nicht für alle Kinder gleich sein, ein kleiner Teil könnte verpflichtend, was darüber hinaus geht freiwillig sein. Vieles läge im Ermessen des Pädagogen – Klärungen zu dem Thema auf Elternabenden lohnen sich laut Träbert also allemal.