Kindliche Trauer: Ehrliche Antworten statt Vertröstungen
Trauer bezeichnet die Expertin als „gesunde Reaktion auf einen Verlust, um diesen begreifbar zu machen“, aber auch als „Schwerstarbeit für die Seele“. „Sie kann nicht weggeschoben oder verdrängt werden.“ Dass Kinder für Trauer nicht zu klein sind, ist die wohl wichtigste Botschaft der langjährigen Klinikseelsorgerin. Dabei ist es nicht nur der Tod eines geliebten Menschen, der in Kindern Trauer auslöst. „Der Verlust des heiß geliebten Kuscheltiers, ein Umzug, das Ende der Kindergartenzeit – gerade Kinder trauern in vielen Situationen.“ Umso mehr sollten sie die Chance bekommen, sich ihrem Alter entsprechend mit Tod und Sterben auseinanderzusetzen, lautet der Appell der Trauerbegleiterin im Vorarlberger Kinderdorf Kronhalde.
Kindliche Trauer ist sprunghaft
Man könne Kindern die Trauer nicht ausreden oder sie einfach ablenken. Zudem würden die Kleinen anders trauern als Erwachsene: „Sie weinen nicht immer genau dann, wenn man es von ihnen erwartet, und wollen traurig sein dürfen, wenn sie es für richtig halten.“ Kindliche Trauer sei sprunghaft und würde oft falsch interpretiert. „Kinder können im einen Moment furchtbar traurig und im nächsten wieder ganz lustig sein.“ Dabei ist die Art und Dauer der Trauer von Kind zu Kind, je nach Alter und Anlass, ganz unterschiedlich. „Wichtig ist, die Kinder nicht allein zu lassen, sie ernst zu nehmen und ihnen ihren eigenen Trauerweg zuzugestehen“, betont Christine Fleck-Bohaumilitzky.
Die Dinge beim Namen nennen
Hilfreich seien ehrliche, geduldige Antworten anstelle von beschönigenden Umschreibungen. So ist es für kleine Kinder schwer nachvollziehbar, dass jemand, der im Himmel „lebt“, nicht mehr wieder kommen kann. Wird der Tod des Großvaters mit der Aussage „Der Opa ist eingeschlafen“ umschrieben, könne das Angst vor dem Einschlafen hervorrufen. „Kinder nehmen solche Erklärungen wörtlich und entwickeln mitunter Ängste und Sehnsüchte.“ Zwar ist es nicht immer einfach, die Fragen der Kinder angemessen zu beantworten, dennoch sei Ehrlichkeit geboten. Und manchmal auch das Eingeständnis der eigenen Ratlosigkeit. „Es ist für Kinder eine wichtige Erfahrung, dass Erwachsene nicht allwissend sind.“ Ein weiterer wesentlicher Aspekt kam im Vorarlberger Kinderdorf Kronhalde zur Sprache: „Kinder dürfen und sollen im Alltag die Gefühle der Erwachsenen mitbekommen und dabei auch lernen, dass Weinen und manchmal tiefe Traurigkeit normal sind.“ Weit erschreckender sei es für Kinder, wenn sich Erwachsene diese Gefühle nur für einen Todesfall aufheben.
Bilder der Zuversicht
„Die Vorstellungen und das Verständnis von Tod als Bestandteil des Lebens unterliegen
einem ständigen Reifungsprozess“, so Fleck-Bohaumilitzky. „In jedem Alter brauchen Kinder und Jugendliche Unterstützung, Zuwendung und Ermutigung, um mit schmerzhaften Erlebnissen zurechtzukommen. Dann machen sie die essenzielle Erfahrung, dass das Leben trotz aller Trauer weitergeht und lebenswert ist.“
Über die Vortragende
Christine Fleck-Bohaumilitzky ist Autorin, Trauerbegleiterin und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundesverbandes Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister, Bergkirchen-Lauterbach
Autorin: Christine Flatz-Posch
Nächster Vortrag der Reihe „Wertvolle Kinder“ des Vorarlberger Kinderdorfs:
„Familien Burnout – Wege aus der Erschöpfung“ am 21. Juni, 20 Uhr, im ORF Landesstudio Vorarlberg
Der Vortrag ist kostenlos. Die Plätze sind begrenzt, wir bitten um Anmeldung. Zum Vortrag anmelden »
Die Reihe „Wertvolle Kinder“ des Vorarlberger Kinderdorfs wird in Zusammenarbeit mit den Medienpartnern ORF Vorarlberg und Russmedia durchgeführt und vom Land Vorarlberg – Fachbereich Jugend und Familie – unterstützt. Über 80 Vorträge können in unserer Mediathek nachgelesen und nachgehört werden.