Bei ihr konnte Christoph Hackspiel ohne Leistungsbewertung einfach Pause machen: „Sie hat mir meist ein Butterbrot gestrichen und mich einfach nur lieb angeschaut. So konnte ich – ganz ohne Predigten – manche Wut und Unzufriedenheit verrauchen lassen und Kraft für neue Herausforderungen tanken.“ Auch das unbeaufsichtigte Spielen draußen eröffnete Freiräume. Schlupflöcher, um der kleinbürgerlichen Enge und Strenge der Erwachsenen zu entkommen und in der Horde Gleichaltriger unbeschwert Kind sein zu können oder beim Staudammbauen am Tannenbach die Zeit zu vergessen.

Die Freude daran, immer wieder Neues und damit die Welt entdecken zu wollen, verdankt er einem Lehrer am Gymnasium. „Er fesselte uns mit seinen spannenden Geschichten und Welterklärungen.“ Vor allem aber sei er ein „Meister der Wertschätzung“ gewesen. „Er war freundlich zu uns, hat nie jemanden gedemütigt und unsere mehr oder weniger konstruktiven Beiträge immer anerkannt.“ Überhaupt habe ihm als Kind „jedes Lächeln, das mich gemeint hat“ gutgetan.

Rückblickend hätte sich der Sozialexperte, der fast 40 Jahre das Vorarlberger Kinderdorf leitete, für die eigene Kindheit „mehr Abenteuer statt Integralrechnungen“ und mehr Beziehung auf Augenhöhe gewünscht. Den Kindern heute wünscht er, dass sie ihre Potenziale und Talente entfalten können, egal in welche Familie sie hineingeboren werden. Und dabei auf Menschen treffen, die sie ermutigen, an sich selbst und ihre positiven Fähigkeiten zu glauben.